...zwischen diesen zwei Fotos liegen 1 1/2 Jahre, ein paar Mark, viele Erfahrungen, mindestens genauso viele Rückschritte und unzählige böse Überraschungen...Text
Ich glaube, man kann nicht jungfräulicher zu einem Kind kommen, als ich zu einem Oldtimer...
Ich hatte mir während meines Studiums auf einem ehemaligen Kasernengelände ein Büro gemietet, um dort Studien-, Diplom- und sonstige Arbeiten zu erledigen. Dort fand ich auf dem Weg zur Toilette eines Tages die Reste einer DKW RT 175. Als "passiver Oldtimer-Fan" klopfte ich an der nächstgelegenen Tür, wo mir ein ziemlich bekiffter Aussteiger öffnete, der mir erklärte, dass die DKW irgendeinem "Freak" gehörte, der wegen Mietschulden "auf der Flucht" war. Spontan erklärte sich der Aussteiger bereit, mit mir das Moped herzurichten..."aber mehr als 200,- Maak darf's nich kosten..."
Sofort war mir klar, dass ich mit einem der wenigen Menschen sprach, die weniger Ahnung von Oldtimern hatte, als ich selbst....
Die "Gemeinschaftsrestaurierung" hatte sich dann ziemlich schnell erledigt, da der Hausmeister der Kaserne die DKW einlagern musste, da sie ja offiziell noch dem Mietschuldner gehört und falls dieser erwischt wird, dann.....

...dann war einfach schon Mai und es war echt heiss...

...kurz und gut..: Ich überredete den Hausmeister, mir die DKW zu verkaufen und aufgrund der Hitze war der Kaufpreis schnell ausgehandelt: 2 Kästen Bier...

Wie bereits vorsichtshalber im Vorfeld mit meinem Opa besprochen, brachte ich die DKW am 10. Mai 2000 zu ihm, um sie dann herzurichten.
Natürlich war mein Opa sofort Feuer und Flamme für die DKW und wir begannen mit einer Bestandsaufnahme.
Die Bestandsaufnahme sah aus, wie wohl bei jedem, der einen Oldtimer zerlegt: Den Spruch "Ich hab's mir schlimmer vorgestellt" gibt's nicht !!!!!
Du zerlegst einen Oldie und mit jedem Teil, das du wegschraubst, hast du mehr Arbeit.
Kurz und (mehr oder weniger) gut: Tank, Auspuff, Rahmen und diverse Kleinteile waren gut, der Motor drehte durch.... und ich hab mir oft überlegt, wie viel Spass ich doch mit zwei Kästen Bier gehabt hätte....

-Kolben gebrochen
-Pleuelstange verbogen
-Vergaserverkleidung, Sattel, Lenker, Motordeckel fehlen
-Beide Kotflügel abgeschnitten, also unbrauchbar
-Speichen / Felgen ein Rosthaufen
-Reifen ungefähr so bröslig wie Butterkekse
-Tank rostig (aber immerhin vorhanden)
-Natürlich keine Papiere
-Unzählige Kleinteile fehlen

Aufgrund der mangelnden Ahnung, musste jemand her, der mir bei technischen Fragen Rat geben konnte. Dieser "Jemand" fand sich im Prommersberger, der sein (damals 74 Jahre junges) Leben lang an Motorrädern geschraubt hat. Ich konnte ihn überreden, sich mit mir zusammen um den 175er zu kümmern, obwohl er "eigentlich nur noch an 4 Taktern schraubt"...
Der Motor wurde zerlegt, der Kolben und die Pleuelstange ausgewechselt, die Zündspule erneuert, das Ganze neu abgedichtet, gereinigt und wieder zusammengebaut. Anschliessend wurde an einem Sonntag so lange gekickt, bis der Motor seine ersten Husterer von sich gab. Wie gesagt: "Wenn er durchdreht, dann kriegen wir ihn auch zum Laufen!"
Sämtliche Teile (bis auf den Rahmen, der blieb original) wurden sandgestrahlt und lackiert. Da der Lackierer aber völlig ohne Liebe und Gefühl arbeitete, steht mir die Strahl- und Lackieraktion nochmal bevor...eine Sache für lange Winternächte...
Chromteile wurden alle nochmal ins Galvanikbad getaucht.
Felgen, Speichen und Reifen sind neu (die waren einfach nicht mehr zu retten).
Viele fehlende Kleinteile wurden auf unzähligen Teilemärkten zusammengesammelt...




und so wurde aus einem Kofferraum voll Metall in vielen Schrauberstunden mit meinem Opa wieder eine DKW RT 175, die sich sehen lassen kann...
zurück